Elisabeth Thesing-Bleck

Pflanzenliebhaberin

Sumpfgarten 05

Wie lange leben Christ- und Lenzrosen?

In diesem Jahr hat unsere große Lenzrose nur noch eine einzige Blüte getrieben. In früheren Jahren war diese langlebige Staude so prächtig, dass sie mit ihrer Blütenfülle den ganzen Vorfrühlingsgarten dominierte und sogar die ganze Straße überstrahlte. Die Prinzessin war in der Vegetationsperiode 1993/94 zusammen mit uns nach Aachen gekommen in unseren Garten eingezogen. Der in vier Teile geteilte Sämling von Hellborus niger dürfte zu diesem Zeitpunkt 3-4 Jahre alt gewesen sein. Deutlich kurzlebigere, stammbildenden Sorten von Helleborus orientalis dürften zu diesem Zeitpunkt noch nicht in unsere Staude angekreuzt gewesen sein, weil man solche Kreuzungen erst viel später durchführte.
Jetzt, 30 Jahre später hat sich offenbar der Blütenreichtum der ehemalig prächtigen Staude völlig erschöpft.  

 

Einzelne Helleborus-Blüte in unserem Vorgarten

   

Wenn man in die wissenschaftliche Literatur schaut, dann erfährt man, dass Hellborus niger in ihren Genen offenbar ein „ biologisches Zählwerk“ eingebaut haben, dass ihre Lebensjahre mitzählt. Die These besagt zudem, dass, wenn man die Staude teilt, die entstehenden Tochterpflanzen biologisch genauso alt sein sollen, wie die Mutterpflanze, aus der sie hervorgegangen sind. Und nach 30-35 Lebensjahren ist dann offenbar das Lebensende vorprogrammiert.

Die stammbildenden Nieswurz-Arten, die sich von Helleborus orientalis ableiten, haben offenbar eine deutlich kürzere Lebenserwartung. Oftmals werden sie nur wenige Jahre alt. Pflanzenzüchter sind in den letzten Jahren hingegangen und haben Helleborus orientalis und Helleborus niger miteinander gekreuzt. Beide Arten wären sich in der freien Natur nie begegnet, weil sie völlig unterschiedliche Standorte haben. Durch menschliches Zutun sind durch diese Kreuzungen in den letzten Jahren farbenprächtige neue Lenzrosen-Hybride entstanden. Allerdings weiß man nicht, wie alt diese neue gezüchteten Stauden werden können, weil man nicht vorher sehen sagen kann, ob sie das Zählwerk von Helleborus orientalis oder das von Helleborus niger in sich tragen oder ob sich sogar die Zählwerke miteinander mischen und ihre Lebenserwartung einen Mittelwert aus beiden bildet.

Junge Helleborus-Staude


In unserem Garten jedenfalls musste im Laufe der Jahre eine der vier ursprünglich eingesetzten Stauden einer Umbaumaßnahme weichen. Um das biologische Alter wissend haben wir diese Pflanze dennoch in mehrere Teile geteilt und sorgfältigst in einem anderen Garten wieder angesiedelt. Die Tochterpflanzen sind gut angewachsen und haben sich seitdem prächtig entwickelt. Ich bin sehr gespannt darauf, ob diese Pflanzen auch über kurz oder lang ihre Blütenfülle reduzieren und zum Schluss eingehen. Das zu beobachten ist mir persönlich sehr wichtig, denn damit kann ich die wissenschaftliche Theorie, dass Helleborus niger nicht älter als 30-35 Jahre wird, aus eigenem Erleben bestätigen oder auch nicht!

 

Helleborus-Stauden bilden in der Lebensmitte eine große Menge Samen. Die Kaltkeiner keimen an geeigneten Stellen nach einigen frostigen Wintern aus. Allerdings treibt jede Jungpflanzen nur einen einzigen Blütenstiel mehr pro Jahr aus. Es braucht also eine lange Zeit, bis die Töchter die gleiche Größe wie die Mutterpflanze erreicht haben. So sorgt die Mutter im Lebensverlauf kontinuierlich für ihr Fortbestehen.

 

Kommentare sind geschlossen.

Elisabeth Thesing-Bleck
Wie lange leben Christ- und Lenzrosen?