Elisabeth Thesing-Bleck

Pflanzenliebhaberin

Bäume sind weit mehr als nur Grün – Die geheime Symphonie deines Gartens:

Hast du schon einmal bewusst den Klängen in deinem Garten gelauscht? Oft konzentrieren wir uns auf das Visuelle, auf Farben und Formen. Doch unser Garten ist weit mehr als nur ein Anblick – er ist ein lebendiges Orchester, in dem Pflanzen die Hauptrolle spielen. Tauche ein in eine Welt, in der Bäume und Sträucher nicht nur Schatten spenden, sondern auch Melodien weben, die unser Wohlbefinden tiefgreifend beeinflussen können.

Mehr als nur Anblick – Dein Garten für die Ohren

Stell dir vor: Dein Garten als Bühne für Blätterrauschen, Fruchtkapselklappern, Vogelgesang und Grillenzirpen. Diese naturbasierten Klänge bewegen uns – bewusst und unbewusst. Sie sind nicht nur atmosphärisch und ökologisch wertvoll, sondern können auch die Identität deines Gartens prägen und dir sogar ein Gefühl der Geborgenheit schenken. Eine ausgewogene Klanglandschaft wirkt sich nachweislich positiv auf uns Menschen aus und kann sogar unser Stresslevel senken und das Wohlbefinden stärken. Man spricht hier von einer „Naturpille“ oder vom „Waldbaden“ – ein multisensorisches Erlebnis, das wir Stadtmenschen besonders brauchen, da unser Gehirn sich ursprünglich im Grünen entwickelt hat.

 



Pflanzen sind wahre Klangkünstler!

Sie sind ein wichtiges Instrument im Orchester eines Klangraumes und leisten einen großen Beitrag zu dessen Gestaltung. Dendrologen (Baumkundler) und sogar Komponisten können Baumarten an ihrem spezifischen Klang erkennen. Im Forschungsgebiet der Ökoakustik wurde wiederholt belegt, dass Ökosysteme mit einem vielfältigen Klangspektrum intakt und gesund sind. Das Prinzip lässt sich auch auf unsere städtischen Gärten übertragen: Je ausgewogener und vielfältiger die Klangtextur in deinem Garten ist, desto angenehmer ist das Klangbild für dich. Stell dir vor, wie hohe Frequenzen durch Insekten und Blätterrauschen, mittlere durch Vogelgesang und tiefe durch ein sanftes Murmeln des Windes harmonisch zusammenspielen.


Das Flüstern der Blätter – Eine Welt voller Töne

Das Blätterrauschen ist wohl der bekannteste Klang der Pflanzen. Es ist eine direkte akustische Manifestation des Windes, der auf das Laubwerk trifft. Aber Rauschen ist nicht gleich Rauschen! Wenn du beim nächsten Waldspaziergang oder Parkbesuch achtsam lauschst, wirst du deutliche Unterschiede feststellen.

      • Die Rot-Buche (Fagus sylvatica) mit ihren weichen Blättern erzeugt einen dumpferen Klang, der an „Rotes Rauschen“ erinnert und mit einem Sprach-„A“ assoziiert wird.
      • Auch Linden, insbesondere die Winter-Linde (Tilia cordata) mit ihren ledrigen Blättern, rauschen deutlich. Im Frühsommer wird dieser Klang durch die zusätzliche Biomasse der Lindenblüte sogar noch verstärkt.
      • Birken erzeugen ein helles Rauschen, das oft an „Weißes Rauschen“ erinnert. Sie lassen, ähnlich wie Pappeln und Weiden, hohe Frequenzbereiche erklingen – assoziierbar mit einem „I“ in der Sprache.
      • Die Espen, die wie Espenlaub zittern sind schon sprichwörtlich.
      • Die Stiel-Eiche (Quercus robur) hingegen bewegt sich im mittleren Klangspektrum, ihr Rauschen ähnelt dem „Rosa Rauschen“, vergleichbar mit einem Sprach-„E“.
      • Ein wahrhaft spektakuläres Hörerlebnis bieten die Kiefern: Ihr aufbrausendes Sausen erinnert an die crescendierenden Windmaschinen in Richard Strauss’ „Alpensinfonie“. Der kräftige, unregelmäßige Wind wird buchstäblich in den Nadeln zerschnitten.
 
Ganzjahresklänge: Von Bambus bis Fruchtgeklapper

Nicht nur Blätter erzeugen Geräusche. Auch immergrüne Pflanzen und Gräser sind das ganze Jahr über akustisch präsent.

Bambus ist unvergleichlich!

Sein ganzjähriges Rascheln im Wind auf Ohrhöhe ist ein besonderes Erlebnis. Achte bei der Pflanzplanung darauf, horstig wachsende Arten zu wählen oder bei ausläufertreibenden Sorten eine Rhizomsperre zu verwenden, da einige Bambusarten invasiv sein können.

Ähnliche helle Raschelgeräusche, die bis weit in den Winter hinein hörbar sind, erzeugen auch Schilf, Pfahlrohr, Chinaschilf und viele weitere Ziergräser. Ein wichtiger Pflegetipp für diese krautigen Pflanzen: Schneide sie im Herbst nicht zurück und binde sie nicht zusammen. So bleiben sie aus ästhetischen und akustischen Gründen auch im Winter attraktiv.
 
 
Das Klappern der Fruchtkapseln  –Ein weiteres spannendes Phänomen

Dieser Klang ist perkussiver als das Blätterrauschen und oft bis tief in den Winter zu hören, wenn die Pflanzen längst ihr Laub verloren haben.
 
Als Baum ist der sehr stadtklimafeste Lampionbaum (Koelreuteria paniculata) eine hervorragende Wahl. Er bildet im Sommer zahlreiche klappernde und farblich auffällige Kapseln aus. Auf Strauchebene sind hier die Pimpernuss (Staphylea pinnata) – deren Name das Wimpern (=Klappern) sogar trägt und der Blasenstrauch (Colutea arborescens) gute Beispiele.
 
 
Dein Garten summt und singt – Tierische Mitbewohner

Ein Garten ist erst dann richtig lebendig, wenn auch die Tierwelt ihren Beitrag zum Klangbild leistet! Vogelgesang ist ein elementarer Bestandteil einer angenehmen Klangkulisse und spricht unsere Natursehnsucht direkt an. Um Vögel anzulocken, eignen sich dornige Gehölze wie Weißdorn, Schlehe oder Berberitze als sichere Rückzugsorte für Nistplätze. Auch dichte Vertikalbegrünungen werden gerne für den Nestbau genutzt. Wertvolle Vogelnährgehölze sind zum Beispiel Eberesche, Holunder, Liguster, Felsenbirne oder verschiedene Wildrosen.Für das entspannende Zirpen von Heuschrecken und Grillen ist eine vielfältige, intensiv bepflanzte und insektenfördernde Umgebung entscheidend.
 
 
Dein persönliches Klang-Paradies gestalten – Tipps für den Anfang

Möchtest du deinen Garten bewusst als Klangraum gestalten? Hier sind ein paar Gedanken, die dir den Start erleichtern:
      • Vielfalt ist der Schlüssel: Eine vielfältige Bepflanzung in Arten, Blatt- und Wuchsformen ist sowohl akustisch als auch ökologisch eine hervorragende Ausgangsbasis.
      • Wähle mit Bedacht: Achte darauf, dass die Pflanzenwahl gut auf den Boden, das Klima und den Pflegeaufwand abgestimmt ist, damit du langfristig Freude an deinem klingenden Garten hast
      • Denke an den Boden: Weiche, absorbierende Vegetationsböden mit Streuschicht oder Kiesböden mit Tritt-Resonanz sind akustisch günstig. Versiegelte Böden aus Asphalt oder Beton hingegen reflektieren Schall direkt und sind ungünstig für die Akustik.
 
Wasser integrieren
Auch der Einbezug von Wasser in unterschiedlichsten Formen kann ein angenehmes Klanggleichgewicht schaffen.
 
 
Bewusstes Hören
Gehe durch deinen Garten und horche bewusst. Welche Klänge hörst du? Welche fehlen dir vielleicht? Indem du achtsam zuhörst, entdeckst du eine ganz neue Dimension deines grünen Paradieses.
 
Dein Garten kann so viel mehr sein als nur ein Ort zum Sehen. Er kann ein Ort des bewussten Hörens, der Entspannung und der Verbindung zur Natur sein.
 
 
Viel Freude beim Entdecken der geheimen Symphonie deines Gartens!
 
 

Verweis: Krieger S :“Der Klang der Pflanzen“, in: Gartenpraxis, 51. Jahrgang, Heft 7/2025, S. 48–52.

Bilder:  
©  Алексей Громов / Pixabay;
©  Sergio Cerrato, Italia / Pixabay;

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Elisabeth Thesing-Bleck
Bäume sind weit mehr als nur Grün – Die geheime Symphonie deines Gartens: